bad bonn
2500 Köpfe und arme Gartenzwerge Explodierende Gartenzwerge, ein feines Musik- und Essmenü, 2500 Köpfe aus der ganzen Schweiz und dem nahen Ausland. Dies bei standhaftem Wetter. Die elfte Bad Bonn Kilbi war ein Leckerbissen. Mario Corpataux Zwei Jahre hintereinander regenfrei, das kann nicht die Bad Bonn Kilbi sein. Trotzdem, die zählbaren Regentropfen am Samstagabend ausgeklammert, muss beinahe von historischem Glück die Rede sein. Genug tiefe Löcher hat der Regen schon in die Kasse der Kilbi-Abrechnung gerissen. Unter diesen Voraussetzungen sind die Leute nicht in Scharen, aber angemessen in die heilige Stätte der visionär-innovativen Musik gepilgert. 500 Zahlende fehlten Gegen 2000 Zahlende waren es an der Ausgabe 2001. Mit den Helfern (jeden Tag rund hundert an der Zahl), den Presseleuten, Musikschaffenden, Clubbetreibern und Freunden, die auf der Gästeliste standen, wird die Zahl auf 2500 korrigiert. Erwartet wurden aber rund 2500 Zahlende. Ursachenforschung für dieses Defizit zu betreiben, ist unsinnig. Wie im vorhergehenden Jahr waren gerade die Zuschauerzahlen vom Samstag enttäuschend: nur 400 Zahlende. Letztes Jahr war es der schwer zugängliche elektronische Abend, der finanziell schlecht abschnitt, weshalb für dieses Jahr der Pop an die Samstagsstelle rückte. Unerbittlicher Finanzmann und Mitbesitzer Patrick Boschung äussert denn auch seine Unzufriedenheit bezüglich des Zuschaueraufmarsches. Genaue Abschlusszahlen existieren noch nicht, aber ein Defizit ist zu erwarten. Dazu stehen noch der Zuschuss der Loterie Romande und der Kulturstelle Freiburg aus. Dafür wurde gut konsumiert. Rund zwanzig Franken gab jeder Kopf für Getränke aus, das bei einem Bettlerpreis von drei Franken für diverse Minerale und Bier. Fontana: Gute Ambiance Daniel «Duex» Fontana ist Betreiber der ersten Stunde und Programmchef des Bad Bonn. Seine prognostizierten Zuschauerzahlen blieben unter seinen Erwartungen, dafür ist er über das Publikum selbst zufrieden. Gute Ambiance war für ihn schon immer wichtiger als ein volles Haus, und genau das intime Familiäre ist eine Stärke der Kilbi. Auf dem Garagendach wurde erstmals eine Bar eingerichtet. Drinks und kubanische Zigarren wurden gereicht. Nebelmaschinen und Lichtspots in den kubanischen Landesfarben umhüllten die Raucher. In Schall und Rauch verpufften die Gartenzwerge, die Aktionskünstler Pawel Schmidt in die Luft jagte. Die sterblichen Überreste verarbeitete er auf der Stelle zu einer bleibenden Kreation, die nun im Garten des Bad Bonn stehen. 12 000 Franken soll das Objekt für eine Kunstgalerie wert sein. Unangenehmes Nebengeräusch bei den ohrenbetäubenden Detonationen waren die umherfliegenden Teile. Schmidt haderte dann auch mit sich selbst, dass er zu wenig auf den Sicherheitsabstand achtete. Ein Stück Karton streifte einen Zuschauer und hinterliess eine kleine Blutung mit geschwollener Backe. «Henker» Schmidt selbst kümmerte sich anschliessend liebevoll um sein «Opfer». Dieses bat Schmidt, ihn bei seiner näch-sten Sprengperformance mit Rat und Tat begleiten zu dürfen, quasi als Schmerzensgeld. Schmidt sagte zu, und beide waren glücklich. Patton setzte Massstäbe Highlight des Freitags waren gewiss «Fantômas». Die All-Star-Kunst-Metal-Kapelle um den Ex-Faith-No-More-Sänger Mike Patton setzte neue Massstäbe in Härte, Präzision und Spielwitz. Für die Drumsticks des Ex-Slayer-Schlagzeugers Dave Lombardo, für viele immer noch der Schlagzeug-Gott, wurden bis 200 Franken geboten. Dass die Sticks schon zerbrochen waren, störte niemanden. Der Berner Matador «Stiller Has», der unter seinem Schlapphut wie immer die Schweissbäche fliessen liess, und Mich Gerber, der für die Magie im Zelt besorgt war, räumten erfahrungsgemäss ab - heuer in speziell warmer Atmosphäre. Die Space-Elektro-Jazzer von Felka rumorten im Gebälk. Tanzfreudige auf dem ganzen Gelände wurden zu später Stunde aus dem Busch gelockt. Was ab Konserve kam und was live gespielt wurde, konnte kaum mehr unterschieden werden. Genau das sei auch Felkas Absicht, wie deren Alterswiler Saxophonist André Rossier erklärte. Das Album «Lookbook» der deutschen Slut muss sich jederfrau dick auf den CD-Wunschzettel schreiben. Melancholisches mit zuckersüssen Melodien brachten sie nach Düdingen. Krönenden Abschluss der Kilbi bildeten «Khan» und sein homoerotischer Kumpane «Kid Kongo Powers». Deftig tuntig war ihr Auftreten, schwulgeil ihre Musik. Avantgarde pur - die elfte Bad Bonn Kilbi. |