Niveauvolles Kurzfilmkino


Freiburger Filmer zeigten ihre Super-8-Werke im Bad Bonn

Das Bad Bonn verwandelte sich am Freitagabend für einmal vom Konzertlokal zum Kino. Die insgesamt zwölf Kurzfilme, allesamt aus Freiburger Hand, bestachen abwechselnd durch Form, Inhalt und Innovation. Ein schöner Beweis also, dass der Super-8-Film noch lange nicht vom digitalen Wahn überrollt wurde.

Von THOMAS PITTINO

Als Eastman Kodak 1965 das neue Filmformat Super 8 mm präsentierte, galt dies als eine kleine Revolution. Jedermann konnte ab sofort einfach und billig seinen eigenen, bildqualitativ guten Film drehen. Schnell verbreitete sich das Format und die dazu passenden Kameras über den gesamten Globus. Millionen von ersten Gehversuchen, Weihnachtsabenden und Ferien-erlebnissen konnten erstmals auf Zelluloid gebannt werden. Neben Heimfilmern erlangte Super 8 jedoch auch grosse Beliebtheit bei Experimentalkünstlern, die das neue Format als interessante und billige Alternative zu herkömmlichen 16-mm- und 35-mm-Filmen aufnahmen. Ein erstes Ende von Super 8 entpuppte sich mit der Einführung des Video. Sowohl der breite Markt der Hobbyfilmer als auch Filmgrössen wie Jean-Luc Godard bevorzugten fortan die elektronische Aufnahme.

Das Comeback von Super 8

Ab Mitte der 90er Jahre erlebte der schmale Film ein wahres Comeback. Keine Party, an der nicht mindestens ein Super-8-Film durch den Projektor ratterte und dem Anlass einen Hauch sentimentaler Kultur verlieh. Dass diese Filme und Loops im Nachhinein meist von schlechter Qualität und Kreativität zeugen, soll nicht überraschen, denn Trash galt (und gilt?) ja oft als Zeichen besonders kreativen Schaffens. Wenn nun sieben Freiburger Schmalspur-Filmer im Bad Bonn ihre Werke präsentieren, weckt dies Ängste und Hoffnungen zugleich, da das genannte Lokal immerhin für seine gute Mischung aus kulturell hohem Niveau und (gewolltem) Trash bekannt ist. Die Angst vor dem Abgleiten der Filme in rein durch das Format interessant wirkende Banalitäten war jedoch meist unbegründet. Nach einer kurzen Studie von weidenden Schafen entpuppte sich Sarah Buchs' erster Film als kleine Überraschung. Eine stark überbelichtete und somit orientierungslose Autofahrt endete im Bad Bonn selbst, gefolgt von Innenaufnahmen des Lokals. Der so hervorgerufene Wiedererkennungseffekt des Normalen und Alltäglichen erwies sich als gewinnend.

Experimentelles

Wurde einleitend die Form und Innovation angesprochen, so ist sicherlich Julia Crottet zu erwähnen. Die Idee, den Film wortwörtlich durch die Nähmaschine zu ziehen und zu zerkratzen, verwandelte eine einfache Autofahrt durch die Berge in ein hypnotisierendes Werk. Ähnlich simpel doch packend erwies sich Stefan Zitz' rückwärtslaufendes Feuerwerk. Den Höhepunkt der so genannten Experimentalfilme präsentierte jedoch Benno Zitz, der Aufnahmen von Bäumen, Brücken, Gaskesseln und Autofahrten auf verschiedenste Weise verfremdete und so zu einem Ganzen kombinierte. Dazu kommt die schnelle und sehr gelungene Montage des Films. Dem gegenüber stellte Benno Zitz den einzigen, wirklich narrativen Film "Rodolfo": eine auf Sizilien entstandene Geschichte über die Freisetzung eines Wals durch seinen Freund. Im direkten Vergleich zu "Free Willy" schwimmt "Rodolfo" allemal obenauf.

Leichte Veränderung der Normalität

Mit vier Filmen am Häufigsten vertreten war Ivo Stritt. Für einmal deckte sich dabei die Formel Quantität gleich Qualität. Stritt nimmt das Normale, verändert es gekonnt und erzeugt dabei beim Betrachter sowohl Aufmerksamkeit als auch Irritation. Dies funktioniert so einfach, dass es reicht, eine Frau durch die Stadt Freiburg gehen zu lassen, sie aus ungewohnten Positionen zu filmen und ausser ihrem Rücken nichts von der Frau preiszugeben. Deutlicher, aber auch verwirrender wirkte die Darstellung einer Frau (Alexa Henschel), die bei ihrer täglichen Kosmetik statt herkömmlicher Schminke ein Skalpell zu Hilfe nimmt. Alles bleibt gleich, Augenbrauen, Wimpern und Nägel werden nach herkömmlicher Art geschminkt, nur eben mit dem eigenen Blut. Der Streifen "Big Fick" abstrahiert den Sexualakt durch seine Nahaufnahmen und (gewollte?) Unschärfe. Jedoch zeigt er dabei genug, um den voyeuristischen Zug eines jeden Betrachters zu reizen. Der Beweis, dass beim Filmemachen neben Kreativität und Können auch der Zufall eine wichtige Rolle spielt, erwies Ivo Stritt mit seinem Film "Lothar". Die riesige Plache einer Baustelle tanzt im Sturm und kre-iert dadurch ein Spiel zwischen Urgewalt und Eleganz. Zumindest an diesem Abend konnte sich der Super-8-Film vom trendigen Partyzusatz zurück zur eigenständigen Kunstform wandeln.